typographiſche mitteilungen, zeitſchrift des bildungsverbandes der
deutſchen buchdrucker, berlin, 26. jahrgang, auguſt 1929, ſeite 187
philipp albinus über die kleinſchreibung
in dem ſoeben im verlag des
bildungsverbandes, gmbh., erſchienenen buche von philipp albinus in frankfurt
am main: »grundſätzliches zur neuen typographie«, das allen kollegen zur
anſchaffung nur beſtens empfohlen werden kann (2 mark), iſt über die
kleinſchreibung und den verſalſatz auf den ſeiten 38 and 39 folgendes zu leſen:
»die kleinſchreibung iſt in der neuen typographie als äſthetiſches mittel zu
bewerten. ob ſie ſich orthographiſch durchſetzen wird, iſt heute noch nicht zu
überſehen. formal iſt ſie genau ſo berechtigt wie der verſalſatz, hat vor
dieſem ſogar die leichtere lesbarkeit voraus. wenigſtens für die heutige
generation in deutſchland. unſere nachkommen werden dem verſaldruck nicht mehr
ſo fremd gegenüberſtehen, weil die kinder von 8 bis 9 jahren ihn heute ſchon in
der ſchule leſen lernen. ſie beginnen ihre ſchreib- und ſomit auch leſeverſuche
mit den verſalien. erfahrungsgemäß haften aber gerade die erſten
eindrücke im kinde am feſteſten, und ſomit wird auch der verſaldruck in
abſehbarer zeit ſeine ſchrecken für den druckſachenbeſteller verloren haben.
vom formalen ſtandpunkt aus iſt der ſatz in gemeinen dem verſalſatz völlig
gleich zu achten. für unſere heutige auffaſſung hat er ſogar den vorteil, daß
er überaus lebendig wirkt und der leſebewegung viel williger folgt als der
verſalſatz. doch will es mir ſcheinen, als ob einzelſtehende zeilen, alſo
ſchlagzeilen oder titelzeilen, weniger ſchnell erfaßt werden können. bei
fortlaufendem text tritt das gegenteil ein. beim verſalſatz iſt es umgekehrt.
hier iſt die alleinſtehende zeile beſſer zu leſen als die geſchloſſene
ſatzgruppe. wer täglich verſalzeilen ſetzt, ſollte nicht ſagen, daß der ſatz
in gemeinen gegen die orthographie verſtoße. denn das tut der verſalſatz in
demſelben maße, nur kommt uns dies nicht mehr zum bewußtſein, da wir ihn durch
die lange gewöhnung als gegebenes hinnehmen, ohne ihn mit der orthographie in
verbindung zu bringen.«